Im Jahr 2008 eröffnete Károly Gerendai, die treibende Kraft hinter dem erfolgreichen Sziget-Festival, ein Restaurant in der Ráday utca. Seine Absicht war es, den kulinarischen Standard in Budapest auf Michelin-Sterne-Niveau zu heben.

Hätte es schon ein Jahrhundert zuvor Michelin-Sterne gegeben, hätte Budapest hervorragend abgeschnitten. Joseph Marchal, französischer Koch von Napoleon III., kam in den 1860er Jahren, um gallische Kochkunst mit ungarischen Zutaten zu kombinieren, und lehrte eine ganze Generation.

Karl Gundel nutzte dies bei der Übernahme des väterlichen Betriebs im Jahr 1910 und schuf eine erstklassige Gastronomie.

Genau ein Jahrhundert später erhielt Budapest seinen ersten Michelin-Stern, nachdem Károly Gerendai Miguel Rocha Vieira mit der Leitung seines Restaurants Costes betraute. Der portugiesische Koch, der in einflussreichen Küchen wie dem Hotel El Bulli in Sevilla ausgebildet wurde, hat ein bahnbrechendes Degustationsmenü präsentiert – sein Wildtaubengericht ist bis heute sehr beliebt.

Rocha Vieira weiß aber auch, dass die Aufrechterhaltung eines Michelin-Sterns ebenso anspruchsvoll ist wie seine erste Verleihung. Um Konsistenz zu gewährleisten, beschafft er immer mehr Zutaten aus ganz Ungarn. Wenn die Köche den kulinarischen Wandel in Budapest auch vorangetrieben haben – ausschlaggebend dabei waren die lokalen Produzenten. Mit steigender Nachfrage wuchsen auch die Standards. Nur wenige wissen beispielsweise, dass der Kaviar im Costes ungarisch ist.

Schon bald rückten ungarische Köche in den Vordergrund. Das kulinarische Duo Szabina Szulló und Tamás Széll erhielt von der legendären Konditorei Gerbeaud die Carte Blanche, im Onyx kreativ zu werden. Wie im Costes wird alles perfekt auf dem Teller präsentiert, mundgerecht und exquisit – die aktuelle Speisekarte enthält Köstlichkeiten von innerhalb und von außerhalb der Grenzen Ungarns.

Hinter dem Onyx entwickelte sich um Lipótváros, der geschäftsorientierten nördlichen Hälfte der Innenstadt, ein gastronomisches Zentrum, in dem sich anspruchsvolle Genießer zur Mittagszeit versammeln. Diese Entwicklung der Spitzengastronomie wurde auch vom Wein getragen. So stark, wie die ungarische Speise-Gastronomie in den 2000er Jahren gewachsen ist, ist auch die Weinwirtschaft gewachsen.

Das Tigris und das Di Vino, eröffnet vom berühmten Weingut Gere bzw. den jungen Junibor-Winzern, kombinieren Top-Labels mit himmlischen Gerichten und mit der wiederbelebten ungarischen Schweinerasse „Mangalica als besonderer Spezialität. Der bekannte Sommelier Zoltán Kalocsai und Tamás Horváth gründeten das Borkonyha („Weinküche“), ein informelles Bistro im Gastronomiezentrum mit 200 ungarischen Labels, die glasweise erhältlich sind. Der Schlüssel zum Erfolg und zum Michelin-Stern 2014 war jedoch, dass dem wenig bekannten Chef Ákos Sárközi freie Hand gelassen wurde.

In der Nähe eröffnete die Innerstädtische Markhalle, die ein Wahrzeichen von 1891 wieder aufleben ließ und die Gastronomie in den Mittelpunkt stellte. Mittagspausen werden zum Erlebnis kulinarischer Erfindungen. Hierher zogen Szulló und Széll in das offene Stand25 um und arbeiten nun im Bistro-Genre, nachdem sie das „Onyx“ in die kompetenten Hände ihres früheren Assistenten Ádám Mészáros gelegt hatten. Ebenfalls in der Nähe eröffnete das Costes die Bistrofiliale Costes Downtown unter der Leitung von Rocha Vieira, der seine Assistentin Eszter Palágyi als Starkoch im ursprünglichen Lokal betreute.

Budapest stand im internationalen Rampenlicht der Michelin-Gala, die 2018 im berühmten Várkert Bazár stattfand. Nach der Verleihung eines zweiten Sterns an das Onyx sicherte das Gremium dem Costes, Costes Downtown und Borkonyha den Michelin-Status und bestückte andere Lokale, darunter Stand25, mit Bibs Gourmands.

Obwohl an diesem Abend das ansonsten so gefeierte Babel Budapest leer ausging, produzierte Koch István Véres weiterhin eine hervorragende Küche, unterstrichen von seinen siebenbürgischen Wurzeln. Der Michelin-Stern kam dann 2019, neben einem für das neue Lokal von Szulló und Széll, dem Stand.

Alle sechs Budapester Restaurants mit Michelin-Sternen befinden sich nur wenige Gehminuten voneinander entfernt im Stadtzentrum. Das Costes blickt mittlerweile weiter in die Ferne und gründet mit 49 weiteren globalen Restaurants mit Michelin-Sternen ein Archipel der High-End-Gastronomie in China, Ocean Flowers.

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